6) Jersey/Gabe

Jersey runzelte die Stirn.
Was gab es da nicht zu verstehen?
"Naja, wenn du ihm nicht wichtig wärst, dann würde er nicht sagen, dass er dich braucht, oder?", versuchte er Garbiel die logischen Zusammenhänge zu erklären.
"Außerdem ist Lynn mit Abstand der ehrlichste Mensch, den ich kenne, wenn du ihm egal wärst, dann hätte er dich längst zum Teufel gejagt! Er ist nämlich auch einer der direktesten und verbal unsensibelsten Menschen, die ich kenne..."
Er schmunzelte ein wenig, während er sich an die eine oder andere Episode erinnerte, die Maia über Lynn und seine direkte Art erzählt hatte.
Dann stutzte er ein wenig.
"Chris?", fragte er etwas verwirrt, dann wurde er wieder ein wenig rosa um die Sommersprossen.
"Ich hab ihn am Sonntagabend in einer Bar kennen gelernt. Er war neidisch auf mein Schrimchen", erzählte er dann und stellte fest, dass es ihm irgendwie unangenehm war, über Chris zu reden.

Das überzeugte Gabriel schon ein wenig mehr, und er seufzte leise.
"Ich vermiss ihn...", murmelte er traurig, noch bevor ihm klar wurde, dass sie sich erst vor etwa einer halben Stunde getrennt hatten.
"Sonntagabend in einer Bar? Und... dann bist du bei ihm eingezogen?", wunderte sich Gabriel, denn immerhin war Sonntag schon ein bisschen her.

"Was? Nein!", widersprach Jersey.
Er würde niemals einfach von einem Tag auf den nächsten bei einem Wildfremden einziehen!
"Ich war Montag abend wieder weg und hatte ein bisschen zu viel und stand wohl irgendiwe plötzlich vor seiner Tür, also hat er mich reingelassen und ich durfte nochmal bei ihm übernachten. Aber eingezogen bin ich nicht. Ich kenn ihn ja kaum!"

Gabriel runzelte die Stirn.
Das erklärte ein bisschen was, aber längst nicht alles.
"Und warum hat er mit dir zusammen vor meiner Tür gesessen?"
Irgendwas stimmte da doch nicht...

Wieder schaute Jersey einen Moment verdutzt.
"Keine Ahnung...", gab er dann zu.
"Er hat mich her gefahren und ich hab mich vor deine Tür gesetzt und dann... dann kam er irgendwann mit Kaffee und Brownies wieder und hat sich zu mir gesetzt... Ich hab gar nicht gefragt warum... Vielleicht hatte er Langeweile? Er hat Urlaub..."

"Hast du mit ihm geschlafen, Jersey...?", fragte Gabriel schließlich und man sah deutlich, wie zwiegespalten seine Gefühle waren.
Einerseits bewunderte er Jersey dafür so viel Erfahrung zu haben, aber andererseitskonnte er sich nicht vorstellen Sex mit Fremden zu haben, denen er nichtmal die Hand schütteln wollte.
"Vielleicht... ist er ein Stalker oder so... oder ein irrer Mörder, vielleicht bist du sein nächstes Opfer!", murmelte Gabriel schrecklich besorgt.

"Ja", antwortete Jersey, als sei dies eine Tatsache, die man als selbstverständlich voraussetzen könnte.
"Und er ist ganz bestimmt kein Mörder! Ich lag kotzend in seinem Wohnzimmer, das hält kein irrer Mörder aus, ohne dabei Mordgelüste zu bekommen", beruhigte Jersey Gabriel.

"Aber... du kennst ihn garnicht und... du empfindest auch nichts für ihn, oder?"
"Vielleicht will er noch mehr Sex mit dir und war deshalb so nett...", überlegte Gabriel weiter und seufzte wieder.
"Wirst du jetzt abends nicht mehr so viel weggehen...?"
Die Frage kam vorsichtig, fast bittend und ziemlich besorgt.
"Es ist nicht... nicht gut soviel Alkohol zu trinken..."

"Na und?", wollte Jersey wissen.
"Das ist kein Grund, nicht mit ihm zu schlafen... er sieht gut aus und er ist nett, also, was spricht dagegen?"
Man hörte deutlich, dass Jersey sich wirklich nichts Schlimmes oder irgendwie Ungewöhnliches daran erkennen konnte.
"Und wenn er mehr Sex will... mein Gott, soll er doch wollen, ist mir egal... Ich glaubs aber nicht, sonst hätte er's irgendwann nochmal versucht...", überlegte er dann und knabberte einen Keks an.
Er legte ihn jedoch sofort wieder zurück, ihm war immer noch schlecht.
"Unter der Woche nicht, mit Kater in der Schule sitzen, ist kein Spaß. Wochenends sehe ich keinen Grund nicht weg zu gehen. Ok, ich werde weniger trinken... so viele Totalausfälle sollte ich mir nicht mehr leisten... aber es geht ja auch mit weniger Alkohol", versprach er Gabriel dann brav.